Hinweis: Wenn Sie diesen Text sehen, benutzen Sie einen Browser, der nicht die gängigen Web-Standards unterstützt. Deshalb wird das Design von Medien Kunst Netz nicht korrekt dargestellt. Die Inhalte selbst sind dennoch abrufbar. Für größtmöglichen Komfort und volle Funktionalität verwenden Sie bitte die empfohlenen Browser.

Themenicon: navigation pathCyborg Bodiesicon: navigation pathPostsexuelle Körper
 
 
 
 
 

icon: previous page

»stellvertretenden Genießen« Priorität hatte, ist beim Cybertauchen möglicherweise etwas anderes im Spiel, so jedenfalls suggerieren es die unterschiedlichen Cyber-Theorie Gurus. Prominent machte den Begriff des »stellvertretenden Genießens« insbesondere Slavoj Zizek. Das »stellvertretende Genießen« sei beim griechischen Chor des antiken Theaters am Werk, bei unterschiedlichen Begräbniszeremonien durch die Vertretung von Klageweiber beim Trauern und in Seifenopern durch das »canned laughter«. In allen Fällen würden wir uns vertreten lassen und darüber unseren Genuss erhalten. Dieser bestehe darin, nichts zu tun und doch dabei zu sein, konstatierte Zizek anfangs der 90er Jahre in Bezug auf das Fernsehen. [10] Ein paar Jahre später beschreibt er in »Lacan with quantum physics« [11] und in »Pest der Phantasmen« [12] das Arrangement, das mit dem Internet und seinen Anschlussmöglichkeiten gegeben sei. Im Fall des Netzes müsse, so Zizek, mit tiefer gehenden Veränderungen gerechnet werden. Es könne zu einer Verschmelzung mit dem Computer kommen, wodurch sich wieder ein Zustand einstelle, der vor jeder Sexuierung des Subjekts geherrscht hätte, also ein Zustand vor der

 

sexuellen Differenzierung und somit ein Zustand, für den reines Genießen - pure Auto-Erotik - charakteristisch sei. Doch bereits in der »Pest der Phantasmen« beschreibt Zizek Gegenkräfte, die diesen grenzenlosen Genuss-Zustand einzudämmen versuchen, an erster Stelle das Subjekt selbst, das mit Anorexie-ähnlichem Verhalten auf die Überfülle des Netzangebots reagieren würde: »Is not one of the possible reactions to the excessive filling-in of the voids in cyberspace therefore informational anorexia, the desperate refusal to accept information, in so far as it occludes the presence of the Real?« [13] Dies ist eine Argumentation, die der von Paul Verhaege sehr nahe kommt. Dieser konstatiert in seinem Buch »Love in a time of loneliness« [14] ein vergleichbares Paradox in unserer Gesellschaft. Denn in einer Zeit, die alles zu erlauben vorgibt, den Einzelnen geradezu zwingt, alles zu sein und alles zu haben und, wie bereits angemerkt, alles auch zu genießen, mache sich statt Glück Langeweile und Müdigkeit breit. Immer weniger Menschen könnten sich auf jemanden oder etwas einlassen. Stattdessen ließe sich eine hysterische Suche nach neuen Verboten, neuen Führern, neuen

icon: next page