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»All is full of love« (1999) stellt nicht zufällig einen Cyborg in den Mittelpunkt, dessen Einsamkeit und Liebesbedürfnis sich seinem Klon zuwenden lässt. Zu zweit l(i)eben auch künstliche Wesen offenbar besser. Die Medienkünstler, Stahl Stenslie und Kirk Woolford, haben die Variante »Mensch an (Liebes- )Maschine angeschlossen« produziert: In »CyberSM« (1993/94) verkehren zwei Menschen - in Paris und Köln - sexuell miteinander. Eingezwängt in Body-Suits und angeschlossen an Computer werden ihre Bewegungen, Regungen, Haut- und Herzfrequenzen berechnet und übertragen, so dass es zu »echter Simulation« von Erregung und Orgasmus kommt. Diese unterschiedlichen Kombinationen von Mensch und Maschine haben die Bezeichnung »Cyborg« erhalten. Die Figur des/der Cyborg steht hierbei für omnipotente Machbarkeit, materiell und mental. Es sind nicht nur Teile des Körpers austausch- und ersetzbar, auch erfährt die psychische Dimension eine Re-Modulierung. Der Begriff des Cyborg war ursprünglich im Kontext der Raumfahrt entwickelt worden, um ein Wesen in neuen Umwelten - Schwerelosigkeit im All - zu bezeichnen. Ein Wesen, dessen Körper nicht mehr autark funktioniert,
sondern nur mehr im Verbund mit Technik: »The concept of the cyborg was to allow man to optimize his internal regulation to suit the environment he may seek.« [5]
Haraways Cyborg taucht nun jedoch in einer ganz anderen intellektuellen Umgebung auf. Als ein Hybridwesen, das den neuen postmodernen Überlebens-Anforderungen gewachsen ist: als ein Oberflächenwesen, ohne seelischen Tiefgang konzipiert, verweigert es sich der alten psychoanalytischen Geschichte von Papa und Mama. Seine Identität trägt weder die Kerben von Familientragödien noch die Narben verdrängter Sehnsüchte. Weder Traditionen noch Normen, weder geschlechtliche Identitäten noch klassenspezifische Grenzen oder unterschiedliche Hautfarben sind seine essentialistische Identitäts-Setzungen. Vielmehr sind sie Markierungen auf einem Weg offener Optionen. In diesem Zusammenhang spricht Haraway von einer »postgender world«. Dieses »postgender« bedeutet jedoch nun nicht, dass gender als Kategorie überflüssig geworden ist, sondern dass diese mit neuen Bedeutungen aufgeladen werden kann. Das heißt, geschlechtliche Identitäten bilden keine