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Themenicon: navigation pathKunst und Kinematografieicon: navigation pathWieland
 
 
 
 
 

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Umrisse dieser Landschaften von einer Küste zur nächsten nachzeichnet, weist Wieland auf die äußerst vielfältigen Besonderheiten des »Hier« Kanadas hin, erschwert aber weiterhin alle einfachen Schlussfolgerungen über individuelle Leidenschaft für die Landschaft und für politisches Verhalten. »Reason over Passion« stellt auch zwei weitere Strategien vor, die in den nachfolgenden Jahren in Wielands Filmen immer wichtiger werden sollten: erstens die dem Bilingualismus [14] inhärente linguistische Verschiebung und zweitens die problematische Beziehung zwischen dem Körper als Quelle der Erfahrung und der Übertragung dieser Erfahrung in einen sinnvollen Ausdruck. Dieses Anliegen wird durch ein für alle ihre Arbeiten in allen Medien typisches Motiv eingeführt: der Mund als Quelle des Ausdrucks. In »Reason over Passion« ›singt‹ sie unhörbar die kanadische Nationalhymne, die Kamera auf ihren Mund gerichtet; das Motiv taucht auch in ihren Lithographien und Quilts aus der gleichen Zeit auf und wird in abgewandelter Form zum letzten Mal in ihrem Spielfilm »The Far Shore« präsentiert. »Reason over Passion« gilt gemeinhin als ihr letzter ›struktureller Film‹; nach 1969 wird Wielands Art des Filmemachens formal radikal

 

hybrid und Dokumentarisches, Avantgardistisches und Agitprop werden hemmungslos gemischt. Unmittelbar vor ihrem Spielfilm drehte Wieland zwei Kurzfilme, »Solidarity« und »Pierre Vallières«, die beide bei den Kritikern wenig Beachtung fanden und allgemein als idiosynkratische Beispiele einer einfachen politischen Dokumentation aufgefasst werden, die nur wenige Verbindungen zu den Zielen der Avantgarde aufweisen. Ich bin jedoch der Ansicht, dass sie am besten als Werke gelesen werden sollten, die zwischen den Belangen und Methoden des Dokumentarfilms und denen des strukturellen Films oszillieren; beide thematisieren die problematische Übertragung von Erfahrung in Repräsentation.

Leibhafte Erfahrung und Repräsentation

Der Begriff der Erfahrung wurde zwar häufig als selbstverständliche Basis für die Bedeutungsproduktion vor allem im Kontext der Historiographie von Minderheiten betrachtet, aber er wurde nur selten einer genauen Überprüfung unterzogen, bis er sich in verschiedenen Disziplinen durch den Filter der Gender Studies zu einem Schlüsselelement neuerer Interventionen entwickelte.

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