Hinweis: Wenn Sie diesen Text sehen, benutzen Sie einen Browser, der nicht die gängigen Web-Standards unterstützt. Deshalb wird das Design von Medien Kunst Netz nicht korrekt dargestellt. Die Inhalte selbst sind dennoch abrufbar. Für größtmöglichen Komfort und volle Funktionalität verwenden Sie bitte die empfohlenen Browser.

Themenicon: navigation pathKunst und Kinematografieicon: navigation pathGraham
 
 
 
 
 

icon: previous page

Analysen bildet die Feststellung, dass nach 1945 ein modernes Kino entstand, das eine radikal veränderte Zeitvorstellung zum Tragen brachte. Das Filmbild war nicht länger als »Bewegungs-Bild« definiert, sondern als »Zeit-Bild«. Bevor jedoch auf diese Bestimmungen näher einzugehen ist, scheint ein Hinweis notwendig, welcher Aufschluss von dieser Unterscheidung in Bezug auf Grahams »Cinema« erwartet werden kann; denn da Deleuze Filme und Zeitvorstellungen analysiert, scheint sich auf den ersten Blick überhaupt kein Zusammenhang feststellen zu lassen. Dieser besteht jedoch einerseits in dem Nachweis, dass die vorausgegangene metapsychologisch orientierte Filmtheorie sich ausschließlich auf Filme des »Bewegungs-Bild«-Typus bezog, und andererseits darin, dass Deleuze das »Zeit-Bild« auf eine allgemeine Struktur hin analysiert, die nicht an die sequentielle Form des Films als Medium gebunden ist, sondern ebenso von Grahams »Cinema« evoziert werden kann. [28]

Unter dem »Bewegungs-Bild« versteht Deleuze ein Bild, das einem allgemeinen sensomotorischen Schema unterliegt und deshalb auch – etwas vereinfacht – als »Aktionsbild« verstanden werden kann; die Frage des

 

Betrachters ist nicht, was das Bild zeigt, sondern, was das nächste Bild zeigt. Die Bilderfahrung ist geprägt durch das Schema von Reiz und Reaktion, Affekt und Aktion. Die Bewegung kann dabei zur metaphysischen »Weltbewegung« überhöht werden, ohne dass die Art der Verkettung der Bilder an irgendeinem Punkt in Frage gestellt würde. Nach dem Krieg entstand jedoch (im italienischen Neorealismus, in der nouvelle vague, im neuen amerikanischen Film u.a.) ein Kino, in welchem das sensomotorische Schema zerbrochen ist. Situationen kommen auf, auf die man nicht mehr reagieren kann; beliebige leere oder abgetrennte Räume breiten sich aus, die keine Fortsetzung in Aktion und Reaktion mehr finden. Es entstehen rein optische und akustische Situationen, in denen die Figuren das, was sie an Aktion und Reaktion einüben, an Hellsicht gewinnen – wobei sie unentschlossen bleiben, bummeln oder sich gleichgültig verhalten zu dem, was mit ihnen geschieht. Die Situation hat ihren Wert nur noch in sich selbst. Die entscheidende Frage ist deshalb für Deleuze, wie sich die optischen und akustischen Bilder verketten, wenn die Fortsetzung in der Aktion nicht zustande kommt. Erinnerungs- und Traumbilder oder

icon: next page