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Themenicon: navigation pathFoto/Byteicon: navigation pathKontinuitäten und Differenzen
 
 
 
 
 

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die gesamte technische Entwicklung ruht«. [64] Was für Betreiber von Bilddatenbanken professionelle Voraussetzung ist, betrifft auch KünstlerInnen, die mit digitalen Medien arbeiten, und selbstverständlich auch jede(n) KnipserIn: Während sich der physiko-chemische Verfallsprozess von Fotografien am ehesten durch den Schutz vor jeglichem Zugriff bremsen lässt (indem man die Abzüge möglichst wenig Licht aussetzt und Negative in unterirdischen, tief gekühlten Depots lagert), erhalten sich digitale Fotos nur durch ihren Gebrauch – entzieht man ihnen die Aufmerksamkeit, sind die auf ihnen gespeicherten Informationen auch für nachfolgende Generationen verloren. [65]

Möglicherweise ist das Unbehagen an der Instabilität digitaler Fotografien und das Bemühen um ihre Bestandssicherung nichts als der Reflex eines »traditionellen (alteuropäischen) Kulturselbstverständnisses«; die »transatlantischen Medienkulturen [haben] den Akzent längst auf Technologien der multimedialen und raumgreifenden Übertragung gelegt – auf Datenströme im Internet« [66] . Im Sinne einer Informationsgesellschaft lässt sich ›Instabilität‹ als positiver Wert begreifen: Sie steht für dynamische Übertragung, ungehinderte Zirkulation

 

und an keinen realen Raum gebundene Kommunikation, für Virtualität als Erfahrbarkeit des Möglichen. Die analoge Fotografie hängt dagegen am Vergangenen; ihre Geste ist das Festhalten – eines Zustands der sichtbaren Wirklichkeit, von öffentlichen und privaten Ereignissen, von flüchtigen Momenten des Alltags. Ihre großen Themen, die Topografie des urbanen und suburbanen Lebens und die Visualisierung von Biografie und Identität werden (beziehungsweise wurden) von einem Konzept des Gedächtnisses getragen, das historische Überlieferung und persönliche Erinnerung an materielle Zeugnisse bindet. 15 Jahre nach dem Beginn der Debatte um das ›Ende der Fotografie‹ kann man feststellen, dass der Umbruch von analoger zu digitaler Technologie die mit dem fotografischen Dispositiv verbundenen Vorstellungen von Repräsentation, Identität und Erinnerung nicht außer Kraft gesetzt hat – vielmehr trägt er zu einer Destabilisierung dieser Vorstellungen bei. Im Verbund der elektronischen Medien stellt die digitale Fotografie ein Schwellenphänomen dar: Sie steht gleichsam am Übergang zwischen alten Speichermedien und neuen Kommunikationsmedien und ihren Paradigmen.