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Virtuelle Narrationen
Von der Krise des Erzählens zur neuen Narration als mentales Möglichkeitsfeld
Söke Dinkla
 
 
 
 
 

 

Gerade im 20. Jahrhundert hat die Kunst des Erzählens gravierende Veränderungsprozesse und krisenhafte Situationen durchgemacht, in deren Verlauf nicht nur einmal ihr Tod prophezeit wurde. Die Kunst des Erzählens – traditionell verstanden als Darstellung des Verlaufs von wirklichen oder erdachten Ereignissen[1] – hat durch die Jahrhunderte gesellschaftlichen und politischen Wandel nicht nur thematisiert, sondern hat auch durch formale Änderungen gesellschaftlichen Wandel signalisiert, und war selbst Ausdruck dieses Wandels. Trotz aller Frakturen und Zäsuren scheint das Erzählen als kulturelle Praxis gerade am Ende des 20. Jahrhunderts eine ›Renaissance‹ zu erleben.[2] Sie ereignet sich erstaunlicherweise nicht nur in der Literatur und im Film, sondern sie kommt mit besonderer Intensität im elektronischen Medium zum Tragen. Das Internet als neue Kommunikationsform hat den Status eines Massenmediums erreicht und schreit förmlich nach adäquaten Formen der Vermittlung von Inhalten. Aber auch das bereits etablierte Medium Video greift auf erzählerische Strategien zurück und etabliert eine Form der Narration, die eine Reihe von Fragen aufwirft: Handelt es sich bei diesen narrativen

 

Praktiken wirklich um eine Renaissance des Erzählens, das heißt um die Hoffnung, dass nach dem Zusammenbruch der großen Utopien in den 1970 er Jahren erneut eine Form gefunden werden kann, die Erzählung möglich macht? Ist diese Entwicklung in ihrer Haltung eklektizistisch, das heißt, handelt es sich bei ihr um einen Rückschritt in die Zeit vor der postmodernen Kritik und vor der grundsätzlichen Infragestellung der Repräsentation als Mittel, die gesellschaftliche Realität zu reflektieren? Oder entsteht hier vielmehr eine neue narrative Form, die in der Lage ist, in der Reflektion der Geschichte und Geschichten der Moderne eine treffende Aussage über den Zustand unserer Wirklichkeit zu machen?

Um diesen Fragen nachzugehen, möchte ich im Folgenden zunächst die historischen Bedingungen und Funktionsveränderungen des Erzählens in der Literatur am Beispiel James Joyce skizzieren, um dann seine veränderten Ausdrucksformen in interaktiven Medien- und Netzwerkarbeiten der 1980er und 1990er sowie in Videoarbeiten der 1990er Jahre darzustellen. Dabei sollen die Erzählstrategien auf ihre ästhetischen Verfahren befragt werden, mit denen sie an der

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