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History Painting: Shopping Mall (Wagg, Jamie)Composite-Fotografie (Galton, Francis)
 
 
 

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gefunden und retrospektiv mit Bedeutung versehen: So geschehen etwa mit den Bildern, die Lady Di beim Verlassen ihres Hotels kurz vor Ihrem tödlichen Unfall im Herbst 1997 zeigen. Winfried Pauleit spricht daher von Bildern im futur antérieur, die erst nachträglich gegebenenfalls zu polizeilichen werden. [64] Das Paradigma der Videoüberwachung scheint mithin das Fotoarchiv tendenziell zu ersetzen – ganz in dem Sinne der zunehmenden Dominanz der Übertragung gegenüber der Speicherung, wie in der Einleitung konstatiert wurde. In künstlerischen Praktiken gab es eine intensive Auseinandersetzung mit dieser Verschiebung. So hat Jamie Wagg ein zu trauriger Berühmtheit gelangtes Bild aus einer Videoüberwachungs-Sequenz für seine Arbeit »History Painting: Shopping Mall« verwendet. [65] Die digitale Bearbeitung, die Wagg dem Bild aus dem Videostream zukommen lässt, verweist auf polizeiliche Bildanalyseverfahren. [66] Wie im Abschnitt »Das Archiv der Polizei – die Verbrecherkartei« ausgeführt wurde, stellte laut Allan Sekula die schiere »Menge der Bilder« für die Staatsapparate das »fundamentale Problem des Archivs« [67] da. Heutzutage erlaubt die zunehmende

 

Verbesserung der Bildanalyse einen neuartigen Umgang mit den Bildern, der in gewisser Weise eine Synthese aus Bertillons Verfahren, die Bilder in ein Ordnungssystem einzuordnen, und Galtons Ziel, aus dem Spezifischen das Typische herauszukristallisieren, darstellt. Denn nur durch einen Prozess des mathematischen ›Herauskristallisierens‹ kann nämlich allererst die Einordnung in ein Ordnungssystem gelingen, wobei die Erkennung des spezifischen Einzelnen zwar immer noch im Mittelpunkt steht – aber anhand seines Typischen. Während Galton also zum Beispiel zwanzig Verbrecher in einer Kompositfotografie übereinander legte, um den typischen Verbrecher zu finden, so ist jetzt die Aufgabe einschlägiger Bildanalysesoftware an einem einzelnen Verbrecher dessen Typisches zu finden, also den allgemeinen Durchschnitt wiederum vom Einzelnen zu subtrahieren. So gesehen ist es außerordentlich bezeichnend, dass eine der frühesten künstlerischen Einsätze der digitalen Bildbearbeitung bei Nancy Burson direkt an Galtons Kompositfotografie anschließt. Schon zu Beginn der 1980er Jahre produzierte sie ihre Bilder, in welchem zum Beispiel Portraits sehr unterschiedlicher

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