Hinweis: Wenn Sie diesen Text sehen, benutzen Sie einen Browser, der nicht die gängigen Web-Standards unterstützt. Deshalb wird das Design von Medien Kunst Netz nicht korrekt dargestellt. Die Inhalte selbst sind dennoch abrufbar. Für größtmöglichen Komfort und volle Funktionalität verwenden Sie bitte die empfohlenen Browser.

Themenicon: navigation pathCyborg Bodiesicon: navigation pathMythische Körper I
 
 
 
 
 

icon: previous page

»Engeneering man for space«. [5] Als Manfred E. Clynes und Nathan S. Kline 1960 einer Vorstellung den Namen ›Cyborg‹ gaben, ging es tatsächlich darum, einen zukünftigen Menschen zu imaginieren – einen Menschen nämlich, der im Weltraum überlebensfähig ist. [6] Vom gewöhnlichen ›Astronauten› sollte er sich etwas Entscheidendes abheben: Technische Apparaturen, die den menschlichen Körper mit zusätzlichen Funktionen und Fähigkeiten ausstatten, um ihm diese Überlebensfähigkeit zu garantieren, sollten in diesen Körper integriert werden, organisch mit ihm verschmelzen. Ein kleiner Schritt für die Fantasie, aber ein großer Schritt für die Menschheit – so die zugrunde liegende Philosophie, die bis heute Cyborg-Utopien in Wissenschaft und Technik wie auch in den Künsten ihren Stempel aufgeprägt hat.

Zurückverweisen lässt sich jedoch auch auf die tiefe Verwurzelung der Cyborg- Utopien im Vorstellungsraum künstlicher Schöpfungen, in dem sich seit jeher eine Vorstellung als besonders wirkmächtig erwiesen hat: diejenige, einen künstlichen Menschen zu schaffen. In der westlichen Kultur spielt hier das über die religiöse Tradition überlieferte

 

Spiegelverhältnis zwischen der ›Gottesebenbildlichkeit‹ des Menschen und der ›Menschenebenbildlichkeit‹ Gottes eine entscheidende Rolle: Es ist der Mensch, der sich als Maß aller Dinge begreift – und in seiner Fähigkeit, Leben zu geben und Menschen zu zeugen, weiß er sich ›seinem Schöpfer‹ nahe. Was ihn von letzterem trennt, ist allerdings – ebenso entscheidend – seine Endlichkeit, die auch eine Endlichkeit seiner schöpferischen Fähigkeiten meint. Diese Endlichkeiten – allen voran die Sterblichkeit, die in der christlichen Religion etwa die Menschlichkeit des Gottes-Sohnes bezeugt, während die Auferstehung zum ewigen Leben seine Göttlichkeit beweist – zu überwinden, ist eine Sehnsucht, die den Menschen bis heute nachhaltig bestimmt. Wenn man so will: Eine Allmachtsfantasie, die auf dem Boden der (Selbst)Erkenntnis menschlicher Schwäche, Verletzlichkeit und Endlichkeit wächst. Das Verlangen danach, künstliches Leben und insbesondere künstliche Menschen schaffen zu können, hat seine Wurzel in dem Wunsch, die eigene Endlichkeit zu überwinden. Vor diesem Hintergrund betrachtet, verwundert es nicht länger, dass uns Verkörperungen von Cyborgs vorzugsweise in menschlicher Gestalt begegnen.

icon: next page