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After Walker Evans (Levine, Sherrie), 1981
 
 
 

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welche Dispositive die Inklusion in dieses kunstkonstitutive Archiv gestatten oder verwehren. Und diese Frage wird insbesondere von jener Kunst gestellt, die noch nicht Teil des Archivs ist und mithin die sedimentierte Ordnung desselben aufwirbeln will und muss: der Avantgarde. Als ein diesen Prozess selbst reflektierendes Beispiel sei die Künstlerin Sherrie Levine genannt, die Anfang der 1980er Jahre besondere Aufmerksamkeit auf sich zog und bald als wichtigste Vertreterin der ›Appropriation Art‹ eingestuft wurde. 1981 trat Levine mit ihrer Serie »After Walker Evans« hervor. Die Künstlerin hatte Fotografien von Walker Evans abfotografiert und in der Galerie Metro Pictures präsentiert. [25] Es handelte sich um Fotografien, die Evans 1936 im Auftrag des Magazins Fortune in Kooperation mit dem Schriftsteller James Agee in den Südstaaten gemacht hatte und die 1939 als »Let Us Now Praise Famous Men« veröffentlicht worden waren. [26] Levines Verdoppelung dieser Fotografien verschiebt die archivischen Koordinaten, in die die Bilder Evans’ bislang eingerückt waren. Obwohl Evans’ Fotografien ursprünglich dokumentarische Funktionen hatten, wurden sie in der Folge zur Kunst

 

nobilitiert und in das kunstgeschichtliche Archiv verschoben – so deklarierte Clement Greenberg schon 1946 die Arbeit von Evans zum Besten, »was die moderne Kunstphotographie zu leisten imstande ist«. [27] Durch Levines Entkoppelung des Bildes vom Autornamen – oder besser: die Verschiebung des Autornamens in den Titel des Bildes – wird die für die museale Formatierung des Archivs (neben etwa der Ordnung nach so genannten ›Epochen‹) konstitutive Sortierung nach Maßgabe von Autorennamen destabilisiert. Für einen kurzen Moment wird die in das Bild sedimentierte kunsthistorische Positionierung im Archiv aufgehoben. Doch das Archiv der Kunstgeschichte hat diese Abweichung mittlerweile neutralisiert: jetzt ruft das Bild reflexartig nicht nur den Namen ›Walker Evans‹, sondern auch den von ›Sherrie Levine‹ auf. Die künstlerischen Desedimentierungen des Archivs finden am Archiv der Kunst vielleicht selbst ihre Grenze. Die Verschiebungen dieses Archivs werden dann eher durch techno-diskursive Umbrüche ausgelöst – wie eben den Übergang zur so genannten Post-Fotografie, wie ich im Weiteren ausführen werde (s. u.).

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