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Christian Jankowski »Let's get physical/digital«
Christian Jankowski, »Let's get physical/digital«, 1997 – 1998
© Christian Jankowski
(Auszug aus dem Chat) Die Pasolini-Ecke. Montag. Christian Jankowski: Ich versuche, das Zimmer so auszustatten, daß es unseren Vorstellungen entspräche, und suche Paare, die unsere Rollen übernehmen können. Mir gefällt der Gedanke, daß sich die Personen gern haben, die unsere Rollen spielen. Das ist mir wichtig. Una Szeemann: Hast du irgendeine Vorstellung davon, wie sie aussehen oder sich verhalten sollten? C: Ich glaube, es ist eine gute Idee, daß die Akteure diese Rollen auf ihre eigene Weise interpretieren können. Dadurch wird die Sache realistischer. U: Ich finde es irgendwie merkwürdig, daß sie unsere Liebestexte sprechen werden. Es sind nicht ihre eigenen. C: Mag sein, doch werden sie experimentieren, sogar ein paar eigene Sätze sprechen können, wenn sie das wollen.


 
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Kategorien: Installation | Internet | Text

Schlagworte: Dialog


 

 Christian Jankowski
»Let's get physical/digital«

»Wie erscheine ich Dir in diesem Medium. Findest Du hier Eigenschaften, die Du schon von mir kennst?« fragt Christian Jankowski im Verlauf seines einwöchigen Liebes-Chats im Web, mit dem er das Medium auf seine Liebestauglichkeit erkundet. Kommunikation ist der Ausgangspunkt für eine Arbeit, die Möglichkeiten so disparater Medien wie Internet, Video, Installation, Katalog und Performance nutzt und auf ihre Gültigkeit – in sichtbarer Relation zueinander – befragt.
Von seiner Freundin Una, die in Mailand arbeitet, getrennt, richtete Jankowski 1997 einen Chat-Raum im Netz ein, in dem sie sich täglich trafen: Das Thema Raum ist dabei zentraler Bezugspunkt der Gedanken der Liebenden.
Täglich entwerfen Una und Christian einen Ort der Erfüllung, der in Ausstattung und Funktion verbunden ist mit den Sehnsüchten und Visionen von Zweisamkeit: Eine »Bauchtanzecke«, das »Bed of Cream« – sofort begann Jankowski mit der Realisation der erträumten Interieurs. Die Wunschliste der benötigten Requisiten veröffentlichte er im Internet, alles mußte über das Web beschafft werden.
Die täglichen Dialoge waren im Netz öffentlich zugänglich. Sie wurden jeweils aktuell ins Schwedische übersetzt und von Laiendarstellern, deren Casting über Websites elektronisch abgewickelt wurde, gespielt. Jeder Schauspieler durfte seinen Partner selbst mitbringen. Jankowski schränkte seinen Zugriff zugunsten einer emotionalen Vertrautheit der Akteure ein. Die scheinbar spontanen und vordergründig intimen Gespräche waren als Videoprojektion in der Ausstellung präsent, die mit dem Eintreffen von Una in Stockholm als Folge von sieben Räumen eröffnet wurde.
Wie in anderen Arbeiten gestaltet Jankowski mit gezielt ausgewählten Requisiten und der Einbeziehung des Publikums in verschiedenen Medien eine Bühne, auf der er die eigene Identität und aktuelle psychische Zustände auf der Grenze zwischen gelenkter Selbstdarstellung, künstlerischer Performance und vorgeblichem Exhibitionismus auslotet.